Leistungsbewertung im Beruf
Formel mancher Unternehmen: Rot = schlechte Performance = Kündigung | Foto: Thinkstock/AGrigorjeva
Autor

21. Jun 2017

Sonja Dietz

Arbeitsrecht

Leistungsdruck im Unternehmen

Kontrolle nach dem Ampelprinzip

"Forced Ranking" ist eher ein Ding der Amerikaner

"Bei Rot bleibst du stehen, bei Grün darfst du gehen!" Wenn es in Unternehmen ein Ampelsystem für die Leistungskontrolle gibt, läu es eher andersherum. Da droht bei zu vielen "Rot" der Rausschmiss. Doch in erster Linie geht es Arbeitgebern darum, ihren Mitarbeitern Tag für Tag vor Augen zu führen, wie gut oder schlecht deren Performance im Vergleich mit den Kollegen daherkommt. Rot signalisiert "schlecht", Gelb "mittelmäßig". Bei Grün hat man alles richtig gemacht. Ein richtiges "Forced Ranking" (siehe Beispiele unten), mit dem amerikanische Konzerne wie beispielsweise Microsoft oder Yahoo in die Schlagzeilen gekommen sind, ist bei uns eher selten.

Wer nicht performt, fliegt

Juristin Ina Claßen, Managing Director bei brands for talents, die Arbeitgeber beim Au au einer optimalen Arbeitgebermarke berät, kann darüber auch nur den Kopf schütteln. Ihrer Meinung nach sollten Arbeitgeber lieber nichts unversucht lassen, um Mitarbeiter angemessen zu fördern: "Beispielsweise sollten sie regelmäßig Feedbackgespräche führen und Mitarbeiter- oder Führungskräfteentwicklungstrainings anbieten", sagt Claßen. Mit solchen Maßnahmen setze man nicht nur Einzelpersonen gegenüber Zeichen, sondern der ganzen Belegschaft. "Der Arbeitgeber demonstriert, dass er alles tut, um ein bestehendes Problem zu lösen. Ansonsten ist die Gefahr groß, dass das Betriebsklima leidet. Schließlich signalisieren Manager auf diese Weise: 'Wer nicht performt, fliegt' Und das kommt beim Rest der Belegschaft gar nicht gut an."

Eine Versetzung kann Wunder bewirken

Unternehmensberater Gunther Wolf sieht das ähnlich. Zumal das Attribut "Low Performer" kein Stempel ist, den jemand auf Lebenszeit mit sich herumtragen muss. Der Diplom-Ökonom weiß aus Erfahrung: "Manch ein Mitarbeiter gilt im Unternehmen X als schlecht, nach seinem Arbeitgeberwechsel zum Unternehmen Y aber als gut." Manchmal ist man aber auch innerhalb eines Unternehmens einfach nur falsch eingesetzt. Hier kann eine Versetzung Wunder wirken.

Auch die Ressourcen müssen stimmen

Es gibt jedoch auch Fälle, in denen die schlechten Leistungen eines Arbeitnehmers nicht einmal auf dessen eigenes Konto gehen. "So mancher bekommt keine Gelegenheit dazu, zu zeigen, was er kann, oder ihm fehlt der Zugang zu bestimmten Informationen", so Wolf. Oftmals bremst auch eine technische Ausstattung von anno dazumal aus. "Diese leistungshemmenden Gründe sollte die Führungskraft beseitigen", fordert Wolf. "Daher ist die Kenntnis der Ursache für die Schlechtleistung wichtig, um erfolgversprechende Strategien für den weiteren Umgang abzuleiten." Wobei er hier auch den Arbeitnehmer in der Pflicht sieht, von sich aus das Gespräch mit dem Vorgesetzten zu suchen.

Wann ist eine Kündigung rechtens?

Doch was, wenn beide Parteien nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen? "Können Arbeitgeber nachweisen, dass sie Low Performern vor einer Kündigung die Gelegenheit zur Verbesserung ihrer Leistungen gegeben und überdies eine Abmahnung ausgesprochen haben, hat eine Kündigung Chancen, in einem potenziellen Kündigungsschutzprozess Bestand zu haben", sagt Juristin Ina Claßen, die ein Gerichtsverfahren jedoch für das Worst-Case-Szenario hält.

So weit kommt es zum Glück hierzulande nur in Ausnahmefällen. Schon im Vorfeld nutzen viele High Potentials die Chance, zu entscheiden, wo und für wen sie arbeiten wollen. Laut der "Bewerbungsstudie 2016" von indeed haben sich 42 Prozent der Kandidaten schon einmal wegen schlechter Erfahrungen bereits im Bewerbungsprozess umentschieden. Es sollte eben nur zusammenbleiben, was auch zusammen passt.

Forced Ranking Beispiele

Die 3 krassesten Forced-Ranking-Beispiele
 

  1. Jack Welch, einstiger CEO von General Electrics, gilt als geistiger Vater des Forced Rankings. Er baute den Konzern zu neuer Größe auf und steigerte den Umsatz von 27 Milliarden im Jahr 1981 auf 130 Milliarden US-Dollar im Jahr 2001. Wobei "Neutronen-Jack" radikal vorging. Wer nicht lieferte, wurde gefeuert. Seinen Spitznamen handelte sich Welch nicht von ungefähr in Anlehnung an die Bombe ein, die Menschen tötet, ohne Gebäude zu beschädigen: Über 100.000 Menschen verloren unter seiner Regie ihre Jobs.
     
  2. Bei Microsoft funktionierte das Forced Ranking so: Jeder Beschäftigte wurde in eine von fünf Leistungsklassen eingeordnet. Keine Gruppe durfte leer bleiben. Die Mitglieder der untersten Kategorie landeten auf der Strafbank: Sie durften nicht versetzt oder befördert werden. Kaum zwei Jahre später machte sich Microsoft wieder locker. 2.700 Mitarbeiter in Deutschland und Kollegen auf der ganzen Welt atmeten auf, als die Personalabteilung die Ära des Forced Ranking für beendet erklärte.
     
  3. Auch Ex-Yahoo-Chefin Marissa Mayer erntete mit ihrem Mitarbeiterbewertungssystem immer wieder öffentliche und interne Kritik. Bei Feedbackgesprächen sind Führungskräfte angehalten, Mitarbeiter in Leistungskategorien einzuordnen. Allerdings gibt es einen vorgegebenen Prozentsatz von guten und schlechten Angestellten. Das hat zur Folge, dass jeder Yahoo-Manager, ähnlich wie einst bei Microsoft, einen Teil seiner Mitarbeiter als sogenannte Low Performer einstufen muss. Auch, wenn er mit ihrer Leistung zufrieden ist.