Privatdozenten: Die wartende wissenschaftliche Elite
Wissen die meisten nicht: Privatdozent ist gar kein Beruf. | Foto: monkeybusinessimages/Getty Images
Privatdozent: viele Kürzel, ein Job, kein Beruf
Privatdozenten gehören zur Gruppe der Lehrbeauftragten an Hochschulen. Je nach Bundesland tragen sie den Titel "PD", "Priv.-Doz." oder auch den Zusatz "habil." Hinter der Bezeichnung des außerplanmäßigen Professors – kurz: apl. Prof. – steckt in den meisten Fällen ebenfalls ein Privatdozent. Die Zahl der Privatdozenten in Deutschland betrug 2016 rund 6609 und viele Studierende besuchen regelmäßig Lehrveranstaltungen, die von Privatdozenten gehalten werden. Was viele aber nicht wissen: Privatdozent ist kein Beruf.
Privatdozenten sind Professoren auf der Reservebank
Privatdozent ist ein Ehrengrad, der wie jeder andere akademische Titel verliehen wird. Und zwar an Doktoranden, die nicht nur ihre Fähigkeiten in Wissenschaft und Lehre unter Beweis gestellt haben, sondern auch das anspruchsvolle Habilitationsverfahren erfolgreich absolviert haben. Der Titel Privatdozent beinhaltet die sogenannte Venia Legendi, also Lehrberechtigung. In den meisten Fällen ist diese miteingeschlossen oder kann gesondert beantragt werden. In §68 Abs. 2 des Hochschulgesetzes von Nordrhein-Westfalen heißt es außerdem:
"(2) […] Auf Grund der Verleihung der Befugnis zur Durchführung von Lehrveranstaltungen ist die oder der Habilitierte berechtigt, die Bezeichnung "Privatdozentin"oder "Privatdozent"zu führen. Ein Dienstverhältnis wird damit nicht begründet. […]"
Unterm Strich bedeutet das, dass ein Privatdozent im Grunde alle Rechten und Pflichten eines Professors hat, aber keine Professur. Privatdozenten dürfen also Lehrveranstaltungen selbstständig durchführen, befinden sich aber zeitglich in keinem Dienstverhältnis mit der Hochschule. Das bedeutet ebenfalls, dass Privatdozenten nicht auf die Ressourcen der Hochschule zurückgreifen können und ihr Arbeitsmaterial (z.B. Skripte oder Handouts) oft selber stellen müssen. Ein Dilemma in dem sich der Großteil der Privatdozenten in Deutschland wiederfindet.
Ehre, aber kein Gehalt
Seit den 1960ern arbeiten Privatdozenten regelmäßig unentgeltlich. Zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts bauen sie oft auf das Einkommen ihrer Partner oder auch die Unterstützung durch Hartz IV. Einige wenige arbeiten zusätzlich als wissenschaftliche Mitarbeiter an ihrer Hochschule. Damit geht es ihnen ähnlich wie vielen Lehrbeauftragten, die meist für ein bescheidenes Honorar Lehrveranstaltungen abhalten. Für Privatdozenten kommt allerdings erschwerend hinzu, dass sie zur Titellehre verpflichtet sind. Das bedeutet, wenn ein Privatdozent in zwei aufeinanderfolgenden Semestern ohne wichtigen Grund nicht, oder ohne Zustimmung des jeweiligen Fachbereichs lehrt, ihm der Titel des Privatdozenten aberkannt wird. Und damit einhergehend im Grunde auch jedwede Chance auf eine ordentliche Professur. Das Risiko eines Karriereknicks ist daher für Privatdozenten besonders hoch, da sie meist nur befristete Verträge bekommen.
Das hat auch zur Folge, dass sowohl die berufliche als auch die private Planung für Privatdozenten nahezu unmöglich ist. Über lange Jahre können sie aufgrund von Lehraufträgen oder Stipendien nicht in die Rentenversicherung einzahlen und fangen nach Unterbrechungen bei den Gehaltsstufen immer wieder von vorne an, weil die entsprechende Berufsvorerfahrung nicht anerkannt wird.
Neben der Lehre bleibt den meisten Privatdozenten wenig Zeit, ihr eigenes wissenschaftliches Portfolio auszuarbeiten. Während sie sich von Drittmittelprojekt zu Drittmittelprojekt hangeln, lassen sich die eigene Forschungsarbeit, Veröffentlichungen und Auslandsaufenthalte wenn überhaupt nur in der eigenen Freizeit realisieren. Aber wer auf eine ordentliche Professur hofft, der braucht eben solche Referenzen, um sich als Bewerber durchzusetzen. Zu guter Letzt sitzt den Privatdozenten auch noch die Zeit im Nacken. Denn es gibt so etwas wie die "Berufungsfähigkeit" und das "Wissenschaftszeitvertragsgesetz", die die Tätigkeit als Privatdozenten zusätzlich bedrohen.
Die Situation der Privatdozenten zeigt, dass es Nachholbedarf gibt, was die Karrierewege in der Wissenschaft und die Personalstruktur an deutschen Universitäten angeht. Eine Alternative zum Privatdozententum sollte durch die Juniorprofessur geschaffen werden, die das Problem defacto aber nur verlagert. Ein richtiger Lösungsansatz wäre beispielsweise die Einführung des sogenannte "Tenure Track", wie er z.B. in den USA praktiziert wird oder aber die Schaffung weiterer ordentlicher Professuren an den Hochschulen und die generelle Überholung der universitären Personalstrukturen, die entsprechende Perspektiven für wissenschaftlichen Karrieren schaffen.
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