Traineeprogramm vs. Direkteinstieg - Durchstarten, aber wie?

Trainee oder Direkteinstieg?

Die Frage, ob er als Trainee einen besonders glücklichen Karrierestart erwischt oder sich unter Wert verkauft, quält so manchen Berufseinsteiger. UNICUM BERUF verrät, woran man gute Einstiegsprogramme erkennt und wodurch sich diese vom Direkteinstieg unterscheiden.

Text: Melanie Vogel

Traineeprogramme haben bei Absolventen nicht immer den besten Ruf. Geringe Bezahlung, wenig Verantwortung und der Dünkel eines längeren Praktikums schmälern die Attraktivität dieses gelenkten Berufseinstiegs in den Augen mancher Berufsanfänger. Dass einige Unternehmen inzwischen speziell auf Bachelor-Absolventen zugeschnittene Einstiegsprogramme anbieten, sorgt für zusätzlichen Unmut.

 

Dabei sind Traineeprogramme weder eine durch die neuen Abschlüsse hervorgerufene Modeerscheinung, noch eine kostengünstige Personalbindungsmaßnahme. Im Gegenteil: Schon seit über 50 Jahren beschäftigen sich Arbeitgeber in Deutschland intensiv mit der Frage, wie Hochschulabsolventen effektiv und systematisch auf künftige Führungs-aufgaben im Unternehmen vorbereitet werden können.

 

Im Allgemeinen unterscheidet man zwischen ressortübergreifenden (zum Beispiel Managementtrainees) und ressort-begrenzten Traineeprogrammen (Fach-Trainees). Außerdem gibt es projektorientierte Angebote (zum Beispiel spezielle Führungskräfte-Programme) oder solche, die individuell und flexibel auf einzelne Mitarbeiter zugeschnitten werden. Das Resultat ist eine Vielzahl unterschiedlich gestalteter Einstiegsmöglichkeiten, die hinsichtlich Dauer und thematischer Schwerpunkte von Firma zu Firma variieren.

 

Neben dem Kennenlernen von Unternehmensstrukturen, gelebter Firmenkultur und den betrieblichen Abteilungs-aufgaben sind vor allem die Vermittlung von Fachwissen und der Aufbau eines Netzwerks im Unternehmen wichtige Ziele eines guten Traineeprogramms. In der Regel durchlaufen Trainees dabei nach einer Einführungsphase mehrere Abteilungen im Unternehmen, die sie jeweils einige Wochen bis mehrere Monate kennenlernen. Im Rahmen dieser „Job-Rotation“ werden Trainees in konkrete Projekte eingebunden, in den täglichen Arbeitsalltag integriert und erfahren nach dem Prinzip „Learning-by-Doing“, was es heißt, Verantwortung für bestimmte Aufgaben zu übernehmen.

 

„Unsere Trainees im Bereich Controlling etwa sind für einige Wochen im Accounting tätig und werden für mehrere Monate in einer unserer europäischen Tochterfirmen eingesetzt. Unterstützt werden sie von so genannten Paten, die sie beim Einstieg in die einzelnen Fachbereiche begleiten“, erklärt Heino Plöger, Manager European HR Development bei der Olympus Europa Holding in Hamburg. „Zusätzlich werden unsere Trainees gecoacht. In allen Traineeprogrammen werden fachliche und persönliche Weiterbildungsmaßnahmen angeboten.“

 

Mit einem Praktikum hat ein gutes Traineeprogramm also wenig zu tun, denn Schulungen, Auslandseinsätze und regelmäßiges Feedback durch die Vorgesetzten sorgen nicht nur für eine intensive Lernphase im Unternehmen, sondern eröffnen weitreichende Karrierechancen im Anschluss an die Ausbildung. Auf Unternehmensseite dienen diese komplexen und in ihrer Umsetzung relativ teuren Personalentwicklungsmaßnahmen dazu, das Entwicklungspotential von Nachwuchskräften besser einschätzen und ihren weiteren Karriereweg im Unternehmen gezielter planen zu können. Demzufolge sind die Anforderungen und Erwartungen an die Trainees sehr hoch. Flexibilität, Offenheit und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehTrainee oder Direkteinstieg - Eine Frage der persönlichen Vorliebemen, gelten als eine Selbstverständlichkeit. Die „Job-Rotation“ erfordert zusätzlich ein hohes Maß an kommunikative Fähigkeiten und die Kunst, sich immer wieder an neue Kollegen zu gewöhnen.

 

Wer also glaubt, als Trainee nur eine diplomierter Kaffee-Kocher zu sein, irrt sich. Im Unterschied zum Direkteinstieg genießen Trainees allerdings eine gewisse Schonfrist, wenn es darum geht, sich direkt nach dem Studium für einen genau definierten Karriereweg zu entscheiden. „Ideal sind Traineeprogramme also für Berufseinsteiger ohne spezialisierte Berufserfahrung oder solche, die ihr Fachwissen in relativ gesichertem Rahmen ausbauen wollen“, bestätigt Heino Plöger.

 

Berufseinsteiger, die mit einem Traineeprogramm liebäugeln, sollten bei der Auswahl darauf achten, dass von Beginn an klar ist, welche Ausbildungsstationen durchlaufen welche konkreten Skills und inhaltlichen Ziele vermittelt werden sollen. Und mit der Mär, dass Trainees einen generellen Abstrich in Sachen Gehalt hinnehmen müssen, kann man auch getrost aufräumen. „Trainees nagen in der Regel nicht am Hungertuch“, sagt Sabrina Schmalisch vom Personalvermittler alma mater. „Im Durchschnitt verdienen sie zwar fünf Prozent weniger als Direkteinsteiger. Das durchschnittliche Brutto-Jahressgehalt liegt dennoch bei 38.000 Euro. Banken, Versicherungen, Bau- und Versorgungsunternehmen zahlen oft sogar 40.000 Euro oder mehr.“

Zurück zu den Ratgebern