Überforderung – was tun, wenn alles zu viel wird?

Celina Kumpernatz - 13.12.2019

Überforderung im Überblick

Überforderung im Job sollte ernst genommen und Maßnahmen ergriffen werden. | GettyImages/fizkes

Definition: Dann spricht man von Überforderung!

Man spricht von Überforderung, wenn man sich nach eigenem Empfinden nicht mehr in der Lage sieht, in bestimmten Situationen eine geforderte Leistung zu erbringen. Unterschieden werden kann zwischen verschiedenen Arten von Überforderung – der kognitiven sowie psychischen –, die in verschiedenen Lebensbereichen auftreten können. Die Folge von Überforderung kann ein erhöhtes Maß an Stress sein, das weitreichende gesundheitliche Probleme verursachen kann. 

Überforderung führt zu Stress: Die Stressfaktoren

Viele Berufstätige erleben eine Überforderung im Alltag, insbesondere im Job. Durch zunehmende Überforderung kann langfristig ein erhöhtes Empfinden von Stress entstehen, das immer mehr zu einem Massenphänomen der Gesellschaft wird. Studien verdeutlichen, dass Arbeitnehmer ihr Leben als stressig empfinden, neben den familiären Verpflichtungen gesellen sich die beruflichen Anforderungen, und dies führt wiederum zu einem Dauerdruck, der sich durch kontinuierlichen Stress bemerkbar macht. Die häufigsten Stressfaktoren für Arbeitnehmer sind dabei häufig das große Arbeitspensum, das bewältigt werden muss, der starke Termindruck, die ständige Erreichbarkeit, auch nach Feierabend, sowie die Herausforderung, Familie und Beruf miteinander vereinbaren zu können. Besonders die Vereinbarkeit von Familie und Beruf führt zur Überforderung und Doppelbelastung, der es schwierig erscheint zu entfliehen. 

Die zwei Arten von Stress 

Die Folge von Überforderung ist häufig Stress, der in der Regel negativ bewertet wird. Die Psychologie unterscheidet zwischen zwei Arten von Stress: Distress, also negativer Stress, und Eustress, positiver Stress. 

Distress – der negative Stress

Wie die eigene psychische Überforderung wahrgenommen wird, ist von dem gefühlten Stress abhängig. Es ist also entscheidend, ob der Betroffene die Situation als ausweglos empfindet, in der keine weiteren Handlungsspielräume denkbar sind und du dich den Aufgaben nicht mehr gewachsen fühlst, auch unabhängig davon, ob es von außen ganz anders bewertet werden würde. Fehlen z.B. zur Bearbeitung einer Aufgabe die notwendigen Kenntnisse, fühlt man sich gestresst und nicht mehr in der Lage, die Aufgabe zufriedenstellend zu erfüllen. So entsteht Distress, der sogenannte negative Stress. Hast du dagegen die notwendigen Kenntnisse, entsteht erst gar kein Stress und die Situation wird auf einer ganz anderen Ebene bewertet. 

Eustress – der positive Stress 

Bei Eustress wird die Situation zwar auch als stressig empfunden, jedoch handelt es sich hier um positiven Stress, da die Situation nicht als unangenehm bewertet wird. Hier entsteht durch den positiven Stress keine Überforderung, sondern viel mehr eine Motivation, durch die du dich in einem sogenannten Flow-Erleben befindest. Wird dieser positive Stress jedoch zum Dauerzustand, kann dieser auch langfristig zur Überforderung führen. 

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Die häufigsten Gründe für Überforderung 

Alltägliche Pflichten

Bestimmt kennst du diese Situation auch: Du hast soeben drei To-dos abgearbeitet und schon entstehen im Kopf die nächsten fünf. An manchen Tagen weiß man gar nicht, wo man zuerst anfangen soll und oft reicht diese Tatsache schon aus, damit bereits Überforderung entsteht. Alltägliche Pflichten nehmen neben beruflichen Aufgaben die meiste Zeit in Anspruch und ohne das passende Zeitmanagement kannst du schon mal den Kopf verlieren. Dadurch, dass heutzutage die Grenzen zwischen Beruf und Freizeit immer stärker verschwimmen, können gesundheitliche Beschwerden die Folge sein.

Zu hohe Erwartungen

Zu hohe Erwartungen können sowohl von außen kommen, wie z.B. dem Chef / der Chefin oder den Kollegen, aber auch von innen, indem man an sich selbst zu hohe Erwartungen setzt, die nicht realistisch zu erfüllen sind. Hat man die eigenen hochgesteckten Ziele erst einmal erreicht, dienen diese als neuer Maßstab, der erst einmal übertroffen werden muss. Dieser Kreislauf ist nur schwer zu durchbrechen und kann die eigene Psyche erheblich beeinträchtigen. 

Bist du überfordert? Das sind die häufigsten Warnsignale und Auslöser

Wie sich eine Überforderung äußert, ist sehr individuell von der jeweiligen Person abhängig, jedoch gibt es bestimmte Warnsignale, die es ermöglichen, typische Anzeichen für eine Überforderung rechtzeitig zu identifizieren. Manche Warnsignale können vereinzelt oder in Kombination mit anderen Warnsignalen auftreten und durch verschiedene Auslöser getriggert werden. 

Mögliche Warnsignale für eine Überforderung:

  • unkontrolliertes Weinen
  • Energie- und Kraftlosigkeit
  • weiche Knie
  • Rückzug oder Fluchtverhalten
  • Gefühl der Ausweglosigkeit
  • Angstzustände
  • häufiger Ausfall durch Krankheit
  • fehlende Motivation
  • Angst vor neuen Aufgaben
  • Schlaflosigkeit
  • keine Grenze zwischen Beruf und Privatleben
  • Optimismus und Selbstwert sinken
  • Verlust der Zukunftsperspektive
  • körperliches und psychisches Ungleichgewicht
  • Griff zu Betäubungsmitteln, Alkohol, Drogen

Mögliche Auslöser für eine Überforderung:

  • neue bzw. zusätzliche Aufgaben, die keine Referenzerfahrung zulassen
  • neue Arbeitsstrukturen
  • hohe externe und interne Erwartungshaltungen, denen man nicht gerecht wird
  • unklare Rollenverteilung
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Weitreichende Folgen möglich 

Wird die Überforderung nicht frühzeitig erkannt oder sogar falsch auf diese reagiert, kann aus Überforderung und Stress noch viel weitreichende Folgen entstehen:

Psychische Folgen

Psychische Erkrankungen, wie z.B. Depressionen, Erschöpfungszustände, Aggressionen oder sogar ein Burn-out-Syndrom, können die Folge von Überforderung sein. Schlafstörungen sowie Angstzustände sind ebenfalls wichtige Warnsignale dafür, dass es dir nicht gut geht. 

Physische Folgen

Chronischer Stress kann zudem den eigenen Hormonhaushalt beeinflussen und somit beispielsweise zu Haarausfall, Hautkrankheiten oder Magenbeschwerden führen. Auch Kopfschmerzen, Herzrasen oder Atemnot sind typische physische Folgen von Überforderung. 

7 Praxis-Tipps, mit denen du Überforderung reduzieren kannst

Für Beschwerden durch Überforderung lassen sich schwer organische Ursachen finden und dass es nicht eine universelle Behandlungsmethode für eine Überforderung gibt, macht es für Betroffene in der Regel noch schwieriger sich mit der Überforderung auseinanderzusetzen. Zudem werden Gedanken an eine mögliche Überforderung häufig beiseite geschoben, da diese als Schwäche betrachtet und die Schuld meist bei sich selbst gesucht wird. Auch wird die Situation gerne als eine vorübergehende Ausnahmesituation abgetan, die sich von allein wieder erledigt. Umso wichtiger ist es, die Warnsignale für eine Überforderung ernst zu nehmen und Maßnahmen zu ergreifen, um so schlimmere Folgen zu vermeiden. Frühzeitige Präventionen sind natürlich zu empfehlen, als erst einzugreifen, wenn es schon zu spät ist. Diese Maßnahmen können helfen, um einer Überforderung entgegenzuwirken:

Die eigene Überforderung akzeptieren

Der erste Schritt zur Besserung ist die Akzeptanz der eigenen Situation und somit der eigenen Überforderung. Nachdem erst einmal die eigene Überforderung festgestellt und akzeptiert wurde, ist es einfacher, diese zu bekämpfen.

Aufgaben reduzieren

Eine weitere Maßnahme, um die Überforderung abzubauen, ist bestimmte Aufgaben zu reduzieren. Das ist natürlich als Angestellte /-r gar nicht so einfach. Am besten gehst du in dieser Situation in einen direkten Austausch mit deinem Chef / deiner Chefin. Durch die Schilderung der eigenen Situation und den damit einhergehenden Problemen können Lösungen gefunden werden, um die eigenen Aufgaben besser bewältigen zu können. 

Die eigene Situation reflektieren

Durch eine Reflexion der eigenen Situation kannst du herausfinden, ob das Problem tatsächlich bei zu vielen Aufgaben liegt oder ob es vielleicht sogar der Job an sich ist, der die Überforderung auslöst. Frage dich, ob der Job dich erfüllt oder ob eine berufliche Neuorientierung bzw. ein Jobwechsel deine Probleme lösen könnte. 

Prioritäten setzen

Setzt man den richtigen Fokus und konzentriert sich privat wie auch beruflich auf die wichtigen Dinge, lassen sich klare Prioritäten setzen, die es ermöglichen, die eigene Energie sinnvoll einzusetzen und sich nicht zu viel gleichzeitig vorzunehmen. „Nein” zu sagen oder Aufgaben abzugeben in dieser Situation stellt daher keine Schwäche dar, sondern ist sogar notwendig, um die eigenen Grenzen klar zu signalisieren. 

Pausen und Auszeiten nehmen

Damit genügend Kraft für berufliche Aufgaben aufgebracht werden können, sind Pausen und Auszeiten besonders wichtig, um zwischendurch genügend Abstand zu den jeweiligen Aufgaben zu schaffen und neue Energie zu sammeln.

Die Gesundheit an erster Stelle setzen 

Die eigene Gesundheit sollte zudem niemals unter beruflichem Stress leiden. Entspannungsübungen können z.B. dabei helfen gelassener durch das Leben zu gehen. Auch gesunde Ernährung und Sport können ein guter Ausgleich sein, um Stress abzubauen und etwas für die eigene Gesundheit zu tun. 

Maßnahmen zur Prävention ergreifen 

In manchen Branchen und Berufen, wie z.B. in Krankenhäusern oder in Agenturen, kann eine Überforderung vorprogrammiert sein, da du dich täglich in einem besonders leistungsorientiertem, verantwortungsbewusstem oder stressigen Umfeld befindest. Daher sind besonders in diesen Berufen Präventionsmaßnahmen sehr wichtig, um einer möglichen Überforderung entgegenzuwirken.

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Das solltest du bei einer Überforderung vermeiden 

Bestimmte Verhaltensweisen kannst du vermeiden, um die Situation nicht noch weiter zu verschlimmern, wenn sich die Überforderung ankündigt oder bereits eingetreten ist. Dazu zählt beispielsweise das Herunterspielen der Situation und die Warnsignale nicht ernst zu nehmen. Auch die Ablenkung ist eine häufige Methode, um sich mit der eigenen Situation nicht auseinandersetzen zu müssen und zu versuchen, die schlechten Gedanken zu ignorieren. Selbstmitleid oder Isolierung sind ebenfalls keine guten Alternativen, um der Situation zu entfliehen, da man in den meisten Fällen die einzige Person ist, die etwas an den aktuellen Umständen ändern kann. Hilfe von außen anzunehmen signalisiert, dass man die eigene Situation akzeptiert hat und bereit ist, etwas zu verändern. 

Überblick: Die wichtigen Infos zur Überforderung:

  • Du solltest deine Überforderung nicht unterschätzen. Wenn du deine Situation akzeptierst, ist das schon der erste Schritt in die richtige Richtung.
  • Die häufigsten Gründe für Überforderung sind im Alltag und im Beruf zu finden. 
  • Auf bestimmte Warnsignale und Auslöser kannst du achten, um frühzeitig etwas gegen deine Überforderung zu übernehmen.
  • Wird eine Überforderung ignoriert, kann dies weitreichende Folgen nach sich ziehen. 
  • Mithilfe bestimmter Maßnahmen kannst du die Überforderung bekämpfen. 

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